Berner Konvention schafft Voraussetzung für schnelleren Abschuss von Wölfen
Die Unterzeichnerländer der sogenannten Berner Konvention haben die Voraussetzung für einen schnelleren Abschuss von Wölfen geschaffen: Sie setzten den Schutzstatus der Tiere am Dienstag von "streng geschützt" auf "geschützt" herab. Dafür sprach sich die nötige Zweidrittelmehrheit der vertretenen Staaten aus, wie der zuständige Europarat in Straßburg mitteilte. Das ist die Voraussetzung für eine Änderung der EU-Gesetze.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer "wichtigen Nachricht für unsere ländlichen Gemeinden und Landwirte" und begrüßte den Beschluss in Straßburg. "Wir brauchen einen ausgewogenen Ansatz zwischen der Erhaltung der Wildtiere und dem Schutz unserer Lebensgrundlagen." Wölfe hatten in der EU und in Deutschland in den vergangenen Jahren zunehmend Weidetiere wie Schafe gerissen - unter anderem auch von der Leyens Pony Dolly.
Bislang dürfen Wölfe in der EU nur abgeschossen werden, wenn sie eine Gefahr für Menschen und Weidetiere darstellen. Die Hürden für eine Abschussgenehmigung sind in der Praxis hoch, häufig müssen die Ergebnisse einer DNA-Analyse abgewartet werden. Mit einer Absenkung des Schutzstatus ist nach Angaben des Umweltministeriums ein sogenanntes Bestandsmanagement möglich. Der Wolf bleibt weiter geschützt, eine Jagd auf die Tiere ist aber grundsätzlich möglich.
Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) begrüßte die Entscheidung. "Klar ist, mehr Wölfe können zu mehr Rissen von Schafen oder Ziegen auf der Weide führen", erklärte er. "Das belastet unsere Weidetierhaltenden sehr." Mit dem niedrigeren Schutzstatus könne es gelingen, Wölfe zu schützen und gleichzeitig ihre Verbreitung zu kontrollieren.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte im September ihren Widerstand gegen die Pläne aufgegeben. "Die Bestandszahlen des Wolfes haben sich in den letzten Jahren so entwickelt, dass diese Entscheidung aus Sicht des Naturschutzes verantwortbar und aus Sicht der Weidetierhalter notwendig ist", hatte Lemke argumentiert.
"Das wirksamste Mittel zur Verringerung von Nutztierrissen bleibt jedoch ein effektiver Herdenschutz", kritisierte hingegen die Umweltorganisation WWF. Tierhalter bräuchten Unterstützung für Zäune und weitere Schutzmaßnahmen "um Konflikte mit Wölfen zu minimieren, anstatt auf undifferenzierte Jagd zu setzen", erklärte die Leiterin des Wildtierprogramms des WWF, Sybille Klenzendorf.
Umweltverbände warnten zudem, die Absenkung des Schutzes von Wölfen schaffe einen Präzedenzfall etwa für Bären, Luchse oder Kormorane. In der Debatte hatte unter anderem Bulgarien gefordert, auch den Schutzstatus von Bären zu überprüfen. Die EU-Kommission erteilte dem am Dienstag allerdings erneut eine Absage.
Brüssel hatte die nun beschlossene Änderung der Berner Konvention beantragt. Dabei handelt es sich um einen internationalen Vertrag, den neben den 27 EU-Ländern auch Staaten wie die Türkei und der Senegal unterzeichnet haben. Hüter dieses Vertrags ist der Europarat in Straßburg, eine Institution nach dem Prinzip der Vereinten Nationen im Kleinformat für Europa, die mit tatsächlichen EU-Gesetzen aber nichts zu tun hat.
Allein die Änderung der Berner Konvention reicht deshalb nicht: Die EU-Kommission muss konkrete Vorschläge für die zukünftigen Jagdregeln für Wölfe machen, sobald die Änderung Anfang März nächstes Jahres rechtskräftig ist. Anschließend beraten die 27 Mitgliedstaaten und das Europaparlament über eine Gesetzesänderung. Bis tatsächlich neue Regeln gelten, dürfte es deshalb noch mehrere Monate dauern.
(O.Robinson--TAG)