Koalitionsparteien kündigen zügigen Vorschlag für Wahlrechtsreform an
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP will zügig mit einer Wahlrechtsreform den auf Rekordgröße angewachsenen Bundestag verkleinern. "Die Wahlrechtsreform wird ein Projekt am Anfang der Legislaturperiode sein", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der Düsseldorfer "Rheinischen Post" vom Montag. Unterstützung signalisierte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann.
"Die Schuldige dafür, dass wir den größten Bundestag in der Geschichte der Republik haben, ist eindeutig die CSU", sagte Dürr. "Es darf nicht noch einmal sein, dass die CSU den ganzen Bundestag und ganz Deutschland in Geiselhaft nimmt, weil sie sich bockbeinig hinstellt." Der FDP-Politiker rechnete damit, dass der öffentliche Druck so groß werde, dass sich CDU und CSU bewegen müssten.
"Unser Ziel ist, dass unsere Wahlrechtsreform breit getragen wird", sagte Dürr. Er lade die Union ein, "da mitzumachen". Seit der Bundestagswahl sitzen 736 Abgeordnete im Parlament, das Wahlgesetz sieht eine Sollgröße von 598 vor.
"Seit acht Jahren wird jeder sinnvolle Vorschlag für eine Wahlrechtsreform von der CSU abgelehnt. Es darf aber nicht sein, dass diese kleine Regionalpartei über Jahre die Verkleinerung des Bundestages verzögert und blockiert", sagte Haßelmann dazu der Nachrichtenagentur AFP. Sie warb für eine "echte Reform des Wahlrechts" noch in diesem Jahr, "gern gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen". Ziel solle dabei eine Wiederannäherung an die Sollgröße von 598 Abgeordneten sein.
Auch für die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, hat nun eine umfassende Reform zur Reduzierung der Parlamentsgröße hohe Priorität. "Wir gehen das zügig an. Alle demokratischen Fraktionen sind eingeladen, sich zu beteiligen", sagte sie der "Rheinischen Post".
Bislang sei die Reform des Wahlrechts aber daran gescheitert, dass die Unionsvorschläge strukturell immer die CDU/CSU gestärkt hätten, so Mast. "Die Reform des Wahlrechts darf keine Frage der Parteitaktik sein. Deshalb werden wir Wissenschaft und Rechtsprechung einbeziehen und einen guten Vorschlag unterbreiten", kündigte die SPD-Politikerin an.
Die CSU sprach von "falschen Schuldzuweisungen". "Fakt ist: Wir haben in der vergangenen Wahlperiode eine Wahlrechtsreform beschlossen, die sowohl die Zahl der Wahlkreise, als auch der Ausgleichsmandate reduziert", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, der Nachrichtenagentur AFP. Die FDP habe "damals jeden Kompromissvorschlag rundheraus abgelehnt."
Der Sprecher der Unionsfraktion für Staatsreformen, Philipp Amthor (CDU), warnte die Ampel davor, das Wahlrecht mit ihrer Regierungsmehrheit im Alleingang umzubauen: "Es entspricht guter parlamentarischer Tradition, dass grundlegende Wahlrechtsreformen ihrem Wesen nach überfraktionell abgestimmt werden."
Mit den Stimmen von Union und SPD war im Herbst 2021 zumindest eine kleine Wahlrechtsreform beschlossen worden. Sie sollte zumindest in begrenztem Maße die Zahl sogenannter Überhangmandate verringern, die zur Aufblähung des Bundestages beitragen.
(K.Lüdke--BBZ)