Südkoreas entmachteter Präsident nimmt vorerst nicht Verfassungsgerichtsverfahren teil
Südkoreas vom Parlament entmachteter Präsident Yoon Suk Yeol nimmt kommende Woche nicht an der ersten Anhörung seines Amtsenthebungsverfahrens vor dem Verfassungsgericht teil. Angesichts von "Sorgen wegen der Sicherheit und möglicher Zwischenfälle" sei Yoon "nicht in der Lage", am Verfahrensbeginn am Dienstag teilzunehmen, erklärte sein Anwalt Yoon Kab Keun am Sonntag in einer Mitteilung an die Nachrichtenagentur AFP.
"Der Präsident ist gewillt, jederzeit zu erscheinen, sobald die Sicherheitsprobleme gelöst sind", versicherte Yoons Anwalt mit Blick auf die Gerichtsverhandlung. Sie soll bis zum 4. Februar dauern und kann auch in Abwesenheit des Beschuldigten stattfinden. Das Verfassungsgericht trifft die endgültige Entscheidung, ob Yoons Absetzung durch das Parlament Bestand hat oder er sein Amt wieder ausüben darf.
Yoon hatte Südkorea mit der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts am 3. Dezember in eine politische Krise gestürzt. Er hatte in einem Haushaltsstreit von der Maßnahme Gebrauch gemacht und damit das In- und Ausland aufgeschreckt. Südkoreas Parlament sprach sich daraufhin für eine Absetzung des Präsidenten aus.
Parallel zu der Prüfung dieser Entscheidung durch das Verfassungsgericht laufen behördliche Ermittlungen gegen Yoon wegen "Aufwiegelung". Weil Yoon sich wiederholt einer Befragung durch die Ermittler widersetzte, wurde gegen ihn ein erster Haftbefehl und nach dessen Auslaufen ein zweiter Haftbefehl erlassen. Die Behörden haben die Gültigkeitsdauer des zweiten Haftbefehls nicht mitgeteilt, Medienberichten zufolge geht sie aber über die siebentägige Gültigkeitsdauer des ersten Haftbefehls hinaus.
Yoon verschanzt sich weiter in der Präsidentenresidenz in Seoul, die Präsidentengarde hat seine Inhaftierung bislang verhindert. Yoons Anwälte weisen den Haftbefehl als "widerrechtlich" zurück.
Die Krise wird von Protesten begleitet. Anhänger und Gegner von Yoon versammeln sich fast täglich in Seoul. Für Sonntag riefen beide Seiten zu neuen Kundgebungen auf - die einen für die Aufhebung von Yoons Absetzung, die anderen für seine sofortige Festnahme.
Der Chef der präsidialen Sicherheitskräfte, Park Chong Jun, war am Freitag zurückgetreten, nachdem seine Beamten Yoons Verhaftung verhindert hatten. Er wurde durch Kim Seong Hun, einen noch entschiedeneren Yoon-Getreuen, ersetzt. Dieser verweigerte am Samstag zum dritten Mal seine Befragung mit dem Argument, dass er Yoon beschützen müsse. Damit könnte auch Kim eine Festnahme drohen.
Yoons Partei hat im Zuge der Krise offenbar an Unterstützung gewonnen. Laut einer am Freitag veröffentlichten Gallup-Umfrage stieg ihr Zustimmungswert auf 34 Prozent. Drei Wochen zuvor hatte er demnach noch bei 24 Prozent gelegen.
(A.Moore--TAG)