Krankenkassen sehen Beitragszahler durch Lauterbach-Gesetz einseitig belastet
Die gesetzlichen Krankenkassen sehen die Beitragszahler durch das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Gesetz zu ihrer Finanzierung einseitig belastet. "Hier muss dringend nachgebessert werden", erklärten die Vorsitzenden des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes, Uwe Klemens und Susanne Wagenmann, anlässlich der Verbändeanhörung zu dem Finanzierungsgesetz am Mittwoch in Berlin.Die Beitragszahlenden müssten demnach die Hauptlast schultern, um die milliardenschwere Finanzierungslücke zu schließen.
Die Finanzierungslücke in Höhe von 17 Milliarden Euro sei das Ergebnis konkreter politischer Entscheidungen in der Vergangenheit, argumentierten die GKV-Vertreter. "Einerseits wurden Gesetze beschlossen, die zu strukturell höheren Ausgaben führten, andererseits gab es keine nachhaltige Gegenfinanzierung." Die von der Bundesregierung geplanten Beitragserhöhungen seien "angesichts steigender Energiekosten, Inflation und höherer Lebensmittelpreise ein fatales Signal".
In Lauterbachs Entwurf ist vorgesehen, die Zusatzbeitragssätze ab 2023 anzuheben, der Minister hatte dabei den Betrag von 0,3 Prozentpunkten genannt. Zudem sollen die Kassen ihre Finanzreserven abbauen und Mittel aus der Liquiditätsreserve entnehmen.
Die Verbände der Kassenärzte befürchten wegen des Gesetzesvorhabens von Lauterbach längere Wartezeiten auf einen Arzttermin. "Der angekündigte Wegfall der Neupatientenregelung würde nicht ohne massive Folgen – wie etwa längere Wartezeiten auf Termine – bleiben", heißt es in einer Resolution, aus der die "Ärzte Zeitung" am Mittwoch in ihrer Online-Ausgabe berichtete.
Unterzeichner der Resolution sind alle Kassenärztlichen Vereinigungen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sowie zahlreiche ärztliche Berufsverbände. Sie wollten "in der öffentlichen Diskussion" aufzeigen, "dass diese Folgen von der Politik so gewollt sind", heißt es in der Resolution.
Die Pläne Lauterbachs sehen auch vor, dass die Kassenärzte auf die bessere Vergütung bei Patienten verzichten sollen, die mindestens zwei Jahre nicht mehr in ihrer Praxis waren. Diese Regelung war 2019 eingeführt worden und sollte zu schnelleren Facharzt-Terminen führen. Nach Berechnungen der Kassenärzte macht dieses sogenannte extrabudgetäre Honorar etwa 380 Millionen Euro im Jahr aus.
Unterdessen wehrt sich die Pharma-Industrie gegen das Vorhaben Lauterbachs, die forschenden Hersteller wegen der Finanzierungslücke mit einer Solidarabgabe zu belegen. Der Chef des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Han Steutel, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch), außerhalb des Steuerrechts seien dem Staat durch das Bundesverfassungsgericht zu Recht enge Grenzen aufgelegt, Sonderabgaben zu erheben. "Ich sehe noch nicht, wie der Staat die Kriterien der Rechtsprechung dabei erfüllen will", betonte er.
Der Verband argumentiert in seiner Stellungnahme unter anderem, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse eine Sonderabgabe den Zahlenden selbst nützen. Lauterbach will die Pharmaunternehmen verpflichten, 2023 und 2024 einen "Solidarbeitrag" von je einer Milliarde Euro zu zahlen. Maßgeblich soll der Umsatz eines Unternehmens mit der gesetzlichen Krankenversicherung sein.
(T.Renner--BBZ)