Kubaner entscheiden über gleichgeschlechtliche Ehe und Leihmutterschaft
Die Kubanerinnen und Kubaner haben am Sonntag über ein neues Familiengesetz abgestimmt, das unter anderem gleichgeschlechtliche Ehen und Leihmutterschaften legalisieren würde. Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel nannte die Gesetzesnovelle bei seiner Stimmabgabe in einem Wahllokal im Westen Havannas "ein gerechtes, notwendiges, aktualisiertes und modernes Gesetz, das Rechte und Garantien für alle bringt".
Die Neuregelung soll das seit 1975 geltende Familiengesetz ablösen. Die Reform sieht vor, dass die Ehe künftig als Verbindung "zwischen zwei Personen" unabhängig von ihrem Geschlecht definiert wird. Homosexuellen Paaren soll zudem die Adoption erlaubt werden, und Leihmutterschaft soll – ohne finanzielle Gegenleistung – legalisiert werden.
Es ist das erste Referendum über eine Gesetzesänderung in dem sozialistischen Inselstaat. Angesichts der großen Unzufriedenheit im Land wegen der Wirtschaftsprobleme könnte der Urnengang allerdings zu einem Protestvotum gegen die Regierung werden.
Mehr als acht Millionen Wählerinnen und Wähler ab 16 Jahren durften bei dem Referendum ihre Stimme abgeben. Die etwa 24.000 Wahllokale in dem karibischen Inselstaat öffneten um 07.00 Uhr Ortszeit (13.00 Uhr MESZ) und sollen um 18.00 Uhr schließen.
Viele der im neuen Familiengesetz behandelten Regelungen gelten nach wie vor als sensible Themen in Kuba, wo eine ausgeprägte Macho-Kultur herrscht und die LGBTQ-Gemeinde in den 1960er und 70er Jahren von den Behörden geächtet wurde. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.
Die offizielle Haltung gegenüber Homosexualität hat sich in den vergangenen 20 Jahren jedoch signifikant geändert, und die Regierung hat viel Energie in ihre Kampagne für die Gesetzesänderung gesteckt.
Der 67-jährige Pensionär Reinaldo Orgalles sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei ihm "völlig egal", ob zwei Männer oder Frauen heirateten. "Ich bin aus einer anderen Ära, aber ich habe dieses Vorurteil nicht", bekräftigte er.
Die kubanische Regierung hatte schon 2019 versucht, das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe in der neuen Verfassung des Lande zu verankern, scheute aber nach Kritik der Kirche davor zurück.
Auch die 65-jährige Zulika Corso aus Havanna ist gegen das neue Familiengesetz. "Ich bin Christin, ich habe andere Vorstellungen, ich toleriere das nicht", sagte sie.
Das Gesetz wäre eines der fortschrittlichsten in Lateinamerika, wo gleichgeschlechtliche Ehen nur in acht anderen Ländern legal sind. Laut Politikwissenschaftler Rafael Hernandez ist es das "wichtigste Menschenrechtsgesetz" in Kuba seit der Revolution 1959.
Um in Kraft treten zu können, braucht das neue kubanische Familiengesetz eine Zustimmung von mehr als 50 Prozent.
(K.Lüdke--BBZ)