Bischofsvertreter blockieren synodalen Beschluss zu gemeinsamem Sexualethiktext
Zu Beginn der vierten Synodalversammlung der katholischen Kirche in Deutschland haben die Vertreter der Bischöfe ein gemeinsam erarbeitetes Grundlagendokument zur Sexualethik abgelehnt und damit dessen Beschlussfassung blockiert. Das teilte die Veranstaltungsleitung des sogenannten synodalen Wegs am Donnerstagabend mit. Die Sitzung wurde darauf für getrennte Beratungen der Beteiligten unterbrochen und wurde erst am Freitag wie geplant im Plenum fortgesetzt.
Der ursprünglich als eine Reaktion auf kirchliche Missbrauchsskandale ins Leben gerufene synodale Weg strebt grundlegende Reformen der katholischen Kirche an, unter anderem mit Blick auf das Priesteramt und die Mitwirkung von Laien. Vertreter des Klerus und von katholischen Laienorganisationen arbeiten in dem Diskussionsformat gemeinsam an der Entwicklung eines neuen theologischen Verständnisses, das Reformen in der Kirche vorantreiben soll.
Angesichts von Mitgliederschwund und anhaltender Vertrauenskrise gilt der synodale Weg für Befürworter als wichtiger Pfeiler einer innerkirchlichen Strategie der Erneuerung. Er ist aber innerhalb der Kirche umstritten, die Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz sind in ihrer Haltung gegenüber den Reformideen gespalten. Auch der Vatikan wies die deutschen Bestrebungen nach Veränderungen zuletzt deutlich in Schranken. Im Juli warnte Rom vor einer Bedrohung für die Einheit der weltweiten Kirche.
Bei dem abgelehnten Grundlagentext handelt es sich um ein theologisches Papier, in dem mit ausführlichen Argumenten für eine offenere Haltung der Kirche gegenüber verschiedenen Formen der Sexualität und Partnerschaft argumentiert und eine Anerkennung diverser Geschlechtsidentitäten geworben wird. So heißt es an einer Stelle, "das individuelle Selbstverständnis der geschlechtlichen Identität jedes Menschen" sei "als unantastbarer Teil seiner je einzigartigen Gottesebenbildlichkeit zu respektieren".
Die Synodalversammlung setzt sich aus Vertretern der Bischofskonferenz sowie Vertretern katholischer Laienorganisationen zusammen, die zum großen Teil im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammengeschlossen sind. Beschlüsse fasst sie mit Zweidrittelmehrheit, wobei parallel dazu stets auch eine Zweidrittelmehrheit der beteiligten Bischofsvertreter gegeben sein muss.
Nach Angaben des Bistums Aachen fehlten unter den Bischöfen am Ende drei Stimmen, während die Synodalversammlung insgesamt mit 83 Prozent für den Text stimmte. Aachens Bischofs Helmut Dieser, der zum Reformerlager in der Bischofskonferenz zählt, kritisierte seine Amtskollegen scharf. "Wir leben nicht im 19. oder 20. Jahrhundert, sondern im 21. Jahrhundert - wir leben in einer pluralen, säkularen und liberalen Gesellschaft", erklärte der Bischof.
Er stehe nun "an einem Punkt", an der er nicht wisse, wie er "den Menschen gegenübertreten" könne, teilte Dieser am Donnerstagabend mit. Er verwies zugleich auf "all die Enttäuschungen" in "allen Bistümern". Er wisse nicht, wie er noch dafür werben könne, "dass unsere Kirche von Gott geführt wird", fügte er darin an.
Das katholische LSBT+-Komitee äußerte sich tief enttäuscht und stellte die Zukunft des gesamten synodalen Wegs in Frage. Es sprach in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung von Bischöfen, "denen offensichtlich die demokratischen und synodalen Kompetenzen fehlen". Sie hätten sich zwar im Vorfeld bei der gemeinsamen Erarbeitung des Texts nicht eingebracht, aber die "Macht" genutzt, Reformvorschläge engagierter Gläubiger zu blockieren.
Das ZdK, das in der Versammlung neben der Bischofskonferenz die wichtigste Rolle spielt, signalisierte zu Beginn der weiteren Beratungen am Freitag aber die Bereitschaft, das Format trotz des Rückschlags fortzusetzen. Das ZdK gehe "diesen Weg stellvertretend für alle Gläubigen, die an die Kraft einer sich erneuernden Kirche glauben", erklärte Präsidentin Irme Stetter-Karp. Sie fügte an: "Standhalten und nicht flüchten - manchmal ist es schwer."
(O.Joost--BBZ)