Verfahrensdauer für wichtige Infrastrukturprojekte soll verkürzt werden
Strom- und Gasleitungen, Straßen und Schienen: Der Bau von wichtigen Infrastrukturprojekten wird oftmals durch langwierige Gerichtsverfahren verzögert. Mit einem neuen Gesetz sollen verwaltungsrechtliche Verfahren im Infrastrukturbereich künftig beschleunigt werden, wie das Bundesjustizministerium am Donnerstag mitteilte. Es legte dazu einen Referentenentwurf vor.
"Um Deutschland zügig zu modernisieren, sind schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung", erklärte Justizminister Marco Buschmann (FDP). In Zeiten von Energieknappheit habe beispielsweise der Ausbau von Gas- und Stromleitungen sowie der Bau von Flüssiggasterminals höchste Priorität. Auch die Erneuerbaren müssten ausgebaut und das Straßen- und Schienennetz modernisiert werden.
Mit dem Gesetz soll die Dauer von Verwaltungsgerichtsverfahren bei besonders wichtigen Infrastrukturvorhaben "weiter reduziert" werden. Konkret steht im Referentenentwurf ein "Vorrang- und Beschleunigungsgebot" für solche Verfahren. Sie können damit laut Ministerium zum Beispiel bei der Terminvergabe bevorzugt werden. Bereits zwei Monate nach Eingang einer Klageerwiderung ist ein Erörterungstermin vorgesehen. Dabei soll das Gericht den weiteren Ablauf besprechen und auf eine gütliche Streitbeilegung hinwirken.
Erklärungen und Beweismittel, die erst nach einer gerichtlich gesetzten Frist vorgebracht werden, sollen von den Gerichten zurückgewiesen werden - wenn keine genügende Entschuldigung für die Verspätung vorliegt. Die Gerichte müssen die Beteiligten zuvor über die Folgen einer Fristversäumung belehrt haben.
Die "hohe Qualität verwaltungsrechtlicher Verfahren" soll trotz der höheren Geschwindigkeit beibehalten werden, versicherte Buschmann. So würden beispielsweise Vorschriften des Arten- und Klimaschutzes nicht angetastet.
Der Rechtsschutz soll laut Ministerium vielmehr "effizienter" ausgestaltet werden. So sollen Mängel eines Verwaltungsakts vor Gericht außer Acht gelassen werden können, wenn offensichtlich ist, dass sie "in absehbarer Zeit" behoben sein werden. Bei der Entscheidung über die Umsetzung von Projekten, die "im überragenden öffentlichen Interesse liegen" wie Höchstspannungsleitungen oder Anlagen zur Einfuhr von verflüssigtem Erdgas, sollen Gerichte in ihre Abwägung auch die "Reversibilität" von Maßnahmen einbeziehen - also die Möglichkeit eines Rückbaus.
Ein Beispiel für ein stark beschleunigtes Verwaltungsverfahren ist die Fabrik des US-Elektroautobauers Tesla in Brandenburg. Der Konzern errichtete große Teile der Fabrik mit vorläufigen Genehmigungen - die finale Genehmigung stand bis kurz vor Produktionsstart im Frühjahr noch aus.
Der Referentenentwurf wurde nach Angaben des Justizministeriums am Donnerstag an Länder und Verbände geschickt. Diese haben nun bis zum 12. September Gelegenheit, Stellung zu nehmen.
(A.Lehmann--BBZ)