Landgericht München I: Sogenannter Badewannenmord wird nach zehn Jahren neu aufgerollt
Zehneinhalb Jahre nach seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Mordes wird der Prozess gegen einen Hausmeister aus Bayern neu aufgerollt. Neue Sachverständigengutachten in Verbindung mit früher erhobenen Beweisen könnten zu einem für den Angeklagten Manfred G. günstigeren Ergebnis führen, entschied das Landgericht München I am Freitag. Es ordnete die sofortige Entlassung G.s aus der Haft an.
Das Landgericht München II hatte G. im Januar 2012 in dem als Badewannenmord bekannten Fall schuldig gesprochen, eine Frau ermordet zu haben. Es verurteilte ihn zu lebenslanger Haft. Als Hausmeister einer Wohnanlage in Rottach-Egern hatte G. die 87-Jährige betreut. Eine Pflegekraft fand diese im Oktober 2008 vollständig bekleidet tot in der mit Wasser gefüllten Badewanne.
G. soll laut Urteil die Seniorin in einem Streit geschlagen und zur Verdeckung der Attacke getötet haben. Er bestritt den Tatvorwurf stets, auch in der Öffentlichkeit gab es erhebliche Zweifel. Einen von der Verteidigung angenommenen unglücklichen Sturz der Frau schloss das Gericht damals als mögliche Todesursache aus.
Im September 2021 dann ließ das Oberlandesgericht München ein neues Sachverständigengutachten der Universität Stuttgart als Beweismittel zu. Der Gutachter habe über eine biomechanische Computersimulation menschlicher Bewegungen festgestellt, dass sowohl die Auffindeposition als auch die Kopfverletzungen der Frau durch einen Sturz erklärbar seien, hieß es. Dafür habe er wissenschaftliche Methoden angewandt, die 2012 noch nicht zur Verfügung gestanden hätten.
Ein weiteres thermodynamisches Gutachten lege nun einen Todeszeitpunkt nahe, "der erheblich außerhalb des vom Tatgericht angenommenen Zeitfensters liegt", erklärte das Landgericht München I. Dem Sachverständigen sei erstmals eine Berechnung der ungefähren Wassertemperatur zum Zeitpunkt der Auffindens der Leiche gelungen. Auf der Grundlage sei dann der ungefähre Todeszeitpunkt neu eingegrenzt worden.
Die Richterinnen und Richter ordneten die Wiederaufnahme des Verfahrens und eine neue Hauptverhandlung an, die am Landgericht München I stattfinden soll. Die prozessualen Voraussetzungen für einen sofortigen Freispruch hätten nicht vorgelegen. Da es aber derzeit keinen dringenden Tatverdacht sehe, habe das Gericht keinen neuen Haftbefehl gegen G. erlassen.
(U.Gruber--BBZ)