Brexit sorgt für Staus am Ärmelkanal - Truss beschuldigt Frankreich
Hohes Reiseaufkommen und wegen des Brexit nötige zusätzliche Grenzkontrollen haben in Großbritannien zu langen Staus auf dem Weg über den Ärmelkanal nach Frankreich geführt. Gewerkschaften, Hafenverwaltungen und die französischen Behörden waren sich am Samstag einig, dass der Grund dafür vor allem Großbritanniens Austritt aus der EU sei. Die britische Außenministerin Liz Truss gab hingegen Frankreich die Schuld.
Autos und Lastwagen warteten am Hafen von Dover in kilometerlangen Schlangen. Am Samstag erklärte die Fährgesellschaft P&O Ferries, für den Weg zum Hafen und die Sicherheitsüberprüfungen werde eine Zeit von drei bis vier Stunden benötigt. Am Freitag waren es sechs und mehr.
Die französischen Grenzbehörden seien unterbesetzt, erklärte Truss, die sich um die Nachfolge von Premierminister Boris Johnson bewirbt. Paris müsse etwas unternehmen, "um die schreckliche Situation zu lösen, mit der Reisende, einschließlich Familien, konfrontiert sind".
Der Präfekt der Region Hauts-de-France, Georges-François Leclerc, sagte hingegen, Frankreich habe "seine Aufgabe erfüllt", indem es sein Grenzpersonal in Dover von 120 auf 200 Mitarbeiter aufgestockt habe. Aber wegen eines Unfalls am Freitag seien französische Grenzbeamten mit Verspätung an ihren Posten in Dover gelangt. Dies habe für Verzögerungen gesorgt.
Der französische Verkehrsminister Clément Beaune erklärte, die französischen Behörden seien "mobilisiert", um den Verkehr zu erleichtern. Allerdings sei Frankreich "nicht für den Brexit verantwortlich".
Mit dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union im vergangenen Jahr wurden Grenzkontrollen und zusätzliche Formalitäten für den Güterverkehr wieder eingeführt. An der Zufahrt zum Hafen von Dover hatte es deshalb in den vergangenen Monaten immer wieder Staus insbesondere für Lastwagen gegeben. Hinzu kommt nun der Ferienverkehr, der im vergangenen Sommer wegen zahlreicher Corona-Einschränkungen nicht so ausgeprägt gewesen war.
Auch der französische Abgeordnete Pierre-Henri Dumont, zu dessen Wahlkreis der französische Kanalhafen Calais gehört, nannte das Reisechaos "eine Folge des Brexit". "Wir müssen mehr Kontrollen durchführen als zuvor", sagte er der BBC. Staus werde es nun immer wieder geben.
Der Hafendirektor von Dover, Doug Bannister, sprach zunächst ebenfalls von einem Mangel an französischem Grenzschutzpersonal. Er räumte jedoch ein, dass es nach dem Brexit nun "erhöhte Transaktionszeiten" gebe. Lucy Moreton von der britischen Gewerkschaft ISU, die Grenz-, Einwanderungs- und Zollbedienstete vertritt, sagte, die Staus seien eine "einigermaßen vorhersehbare" Folge des britischen Austritts aus der EU.
(H.Schneide--BBZ)