Antragsfrist für Entschädigung verurteilter Homosexueller bis 2027 verlängert
Die Bundesregierung hat die Frist für die Entschädigung Homosexueller verlängert, die in der Nachkriegszeit aufgrund der damaligen Strafrechtsparagrafen verurteilt worden waren. Die Frist für die Beantragung von Entschädigungszahlungen gilt nun bis zum 21. Juli 2027, wie das Bundesjustizministerium am Freitag mitteilte. "Die strafrechtliche Verfolgung war aus heutiger Sicht grobes Unrecht", erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).
Einvernehmliche homosexuelle Handlungen waren in der Zeit von 1945 bis 1994 nach den damaligen Strafrechtsparagrafen 175 in der Bundesrepublik und 151 in der DDR unter Strafe gestellt. Da dieses Verbot aus heutiger Sicht in besonderem Maße grundrechts-und menschenrechtswidrig war, wurden 2017 strafgerichtliche Urteile dazu aufgehoben. Zugleich erhielten betroffene Männer und Frauen wegen ihrer Verurteilung und einer etwa erlittenen Freiheitsentziehung einen Entschädigungsanspruch.
Die Verurteilten können eine Entschädigung beantragen, die 3000 Euro je aufgehobener Verurteilung plus 1500 Euro je angefangenem Jahr in Haft beträgt. Seit März 2019 gilt eine zusätzliche Richtlinie, die es auch Verfolgten ohne Urteil möglich macht, eine einmalige Entschädigung für die negativen Beeinträchtigungen – beispielsweise einen Jobverlust – zu beantragen.
"Das Verbot einvernehmlicher homosexueller Handlungen hat bei den Betroffenen viel Leid verursacht und ganze Leben zerstört", erklärte Buschmann. "Die strafrechtliche Verfolgung war aus heutiger Sicht grobes Unrecht." Deshalb werde die Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen auf eine Entschädigungszahlung nun um fünf weitere Jahre verlängert. "Das ist der Rechtsstaat den Betroffenen schuldig", so der Minister.
Die bisherige Antragsfrist für Entschädigungszahlungen war am Donnerstag dieser Woche abgelaufen. "Es ist derzeit aber nicht auszuschließen, dass entschädigungsberechtigte Personen einen Antrag auf Entschädigung erst nach diesem Datum stellen werden", so das Ministerium. "Daher wurde die Antragsfrist nunmehr um weitere fünf Jahre verlängert." Anträge auf Entschädigung können Betroffene weiterhin beim Bundesamt für Justiz (BfJ) stellen.
Schätzungen zufolge ergingen zwischen 1945 und 1994 etwa 69.000 Urteile nach den damaligen Verbotsvorschriften. Bis Mitte Juli 2022 beantragten dem Ministerium zufolge 335 Menschen eine Entschädigung beim Bundesamt für Justiz. Von diesen seien 259 tatsächlich entschädigt worden. 44 Anträge wurden zurückgenommen. Sechs Anträge seien derzeit noch in Bearbeitung. 26 Anträge seien abgelehnt worden. Insgesamt wurden bislang 885.500 Euro ausgezahlt, wie das Ministerium weiter mitteilte.
(T.Renner--BBZ)