Proteste in der Türkei für Rückkehr zu internationalem Frauenrechtsabkommen
In der türkischen Hauptstadt Ankara haben hunderte Menschen für Frauenrechte und gegen den Rückzug des Landes aus der Istanbuler Konvention protestiert. Die Demonstranten versammelten sich am Dienstag vor dem Staatsrat, der über eine Klage gegen den vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beschlossenen Ausstieg aus der Konvention verhandelte. Geklagt hatten vor dem obersten Verwaltungsgericht unter anderem Vertreter von Anwaltskammern, Frauenrechtler und Menschenrechtsaktivisten.
Die Protestierenden riefen Parolen wie "Die Istanbuler Konvention lässt Frauen leben!" und schwenkten violette Banner und Flaggen. Violett ist die Farbe der türkischen Frauenbewegung.
Erdogan hatte den Rückzug aus der Konvention 2021 beschlossen. Das internationale Abkommen verpflichtet seine Unterzeichner dazu, Frauen durch Gesetze vor Gewalt zu schützen und gegen Gewalttaten vorzugehen. Konservative Gruppen in der Türkei sind der Ansicht, die Konvention fördere Homosexualität und bedrohe traditionelle Familienwerte.
Anfang Juni hatten in Istanbul bereits hunderte Menschen gegen ein drohendes Verbot der führenden türkischen Frauenrechtsorganisation "We Will Stop Femicide" demonstriert. Ein Istanbuler Staatsanwalt hatte im April eine Klage eingereicht, in welcher der Organisation "Aktivitäten gegen das Gesetz und die Moral" vorgeworfen werden.
Nach Angaben von "We Will Stop Feminicide" wurden in der Türkei allein seit Jahresbeginn bereits 166 Frauen getötet, im vergangenen Jahr waren es 423. In vielen Fällen handelt es sich um Morde innerhalb der Familie.
(O.Joost--BBZ)