BGH erlaubt von US-Bundespolizei aufgezeichnete Nachrichten als Beweismittel
Von der US-Bundespolizei FBI heimlich aufgezeichnete Nachrichten zwischen Verdächtigen sind einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zufolge in deutschen Prozessen im Fall schwerer Straftaten grundsätzlich uneingeschränkt als Beweismittel verwertbar. Es gebe keine ausdrückliche Regelung im deutschen Recht, aus der sich eine nur eingeschränkte Verwertbarkeit von durch Rechtshilfe erlangten Beweisen ergebe, entschied der BGH am Donnerstag in Karlsruhe in einem Revisionsverfahren zu einem Urteil wegen Drogenhandels in großem Stil. (Az. 1 StR 54/24)
Die Frage, ob ein Beweis in einem deutschen Strafverfahren verwertbar sei, richte sich zudem ausschließlich nach deutschem Recht, stellte das höchste deutsche Gericht klar. Nicht entscheidend sei etwa, wie die Maßnahmen der ausländischen Ermittler nach dem Maßstab ihres eigenen nationalen Rechts zu bewerten seien. Irrelevant sei auch die Frage, ob deutsche Ermittler in einer vergleichbaren Situation über die gleichen Befugnisse verfügt hätten.
In dem Fall ging es um einen wegen Drogenhandels vom Landgericht Tübingen im Oktober 2023 zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilen Mann. Dabei dienten dem Gericht Nachrichten des Beschuldigten als Beweismittel, die dieser über eine auf seinen Handy installierte Spezialapp verschlüsselt mit anderen Verdächtigen ausgetauscht hatte. Die sogenannten Kryptotelefone waren allerdings vom FBI entwickelt und vertrieben worden. Dieses las mit.
Die Kopien der Nachrichten wurden dabei nach Auskunft der beteiligten Behörden auf einem Server in einem EU-Mitgliedsstaat gespeichert und im Rahmen internationaler Rechtshilfe zunächst an das FBI übermittelt. Die entschlüsselten Nachrichten wurden dann international geteilt, auch das Bundeskriminalamt erhielt Zugriff auf die Texte mit Deutschlandbezug. Im Fall des Manns führte dies zu Ermittlungen und schließlich zum Urteil, nachdem das US-Justizministerium der Verwertung der Daten formal zugestimmt hatte.
Der Beschuldigte legte Rechtsmittel gegen das Urteil ein und machte dabei ein Beweisverwertungsverbot für die vom FBI mitgelesenen Nachrichten geltend. Dem widersprach der BGH nun aber deutlich. "Das von der Revision geltend gemachte Beweisverwertungsverbot besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt", erklärte er. Die aus den USA übersandten Daten seien in solchen Konstellationen, in denen es um schwere Straftaten gehe, verwertbar.
Zwar seien auch in derartigen Fällen grundlegende Menschenrechte und andere grundlegende rechtsstaatliche Anforderungen einzuhalten. Von einem Verstoß könne bei dem vorliegenden Sachverhalt aber keine Rede sein. Die Maßnahmen des FBI richteten sich ausschließlich gegen Menschen, bei denen hinreichende Anhaltspunkte für eine Verwicklung in den Drogen- und Waffenhandel bestünden.
Allein der Kauf eines speziell für kriminelle Zwecke konstruierten und über entsprechende Kanäle vertriebenen Kryptotelefons rechtfertige den Verdacht, dass der Nutzer das Gerät zur Planung und Begehung schwerer Straftaten im Bereich der organisierten Kriminalität verwenden wolle. Auch der Umstand, dass der Beschuldigte die im Ausland ergangenen Beschlüsse nicht unmittelbar angreifen konnte, verletzte nicht den Grundsatz auf ein faires Verfahren.
Entsprechend wies der BGH die Revision in weiten Teilen zurück. Erfolgreich war sie nur mit Blick auf das Strafmaß und die gerichtlichen Feststellungen zur Vermögensabschöpfung. Grund war demnach im Fall des Strafmaßes, dass in Deutschland inzwischen andere rechtliche Grundlagen zum Umgang mit Cannabis gelten. In diesen Punkten muss das Landgericht in Tübingen daher noch einmal neu verhandeln. Der Schuldspruch an sich bleibt bestehen.
(B.Smith--TAG)