Tornado verwüstet Paderborn - Dutzende Verletzte
Abgedeckte Dächer, unzählige zerstörte Scheiben und "wie Streichhölzer" umgeknickte Bäume oder Ampeln: Beim Durchzug des Sturmtiefs "Emmelinde" durch Deutschland ist die Großstadt Paderborn in Nordrhein-Westfalen am Freitag von einem Tornado verwüstet worden. Wie Bürgermeister Michael Dreier (CDU) am Samstag sagte, wurden in Paderborn 43 Menschen verletzt, 13 davon schwer; eine Schwerstverletzte schwebte am Samstag weiter in Lebensgefahr. Im rheinland-pfälzischen Ort Wittgert erlitt ein 38-jähriger Mann einen Stromschlag in einem überschwemmten Keller und starb.
In Paderborn war der Tornado am Freitagabend auf einer Breite von etwa 300 Metern über die Stadt hinweggezogen. Dabei seien Teile der Stadt "sehr stark zerstört" worden, sagte Dreier bei einer Pressekonferenz. "Es ist schockierend, wenn man sieht, was mit einer Stadt in so schneller Zeit passieren kann." In einem Gewerbegebiet seien ganze Betriebe zerstört worden und Leitplanken umherflogen. Bäume und im Zentrum der Stadt auch Ampeln seien "wie Streichhölzer umgeknickt", schilderte Dreier.
Für den Samstagnachmittag kündigten sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst und Innenminister Herbert Reul (beide CDU) zu einem Besuch in Paderborn an.
Tornados, also schnell rotierende Luftwirbel mit hohen Windgeschwindigkeiten und dementsprechend großer Zerstörungskraft, insbesondere wenn der sogenannte Rüssel der Windhose den Boden berührt, gab es am Freitag nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) auch in Lippstadt in Ostwestfalen und in Lütmarsen nahe Höxter im Weserbergland. "Die dabei aufgetretenen Windstärken müssen anhand der Schadensbilder zwar erst noch verifiziert werden", erklärte der DWD am Samstag. Mehr als 118 km/h, was Orkanböhen entspricht, seien "lokal aber wahrscheinlich". Darüber hinaus gebe es "einige weitere Tornado-Verdachtsfälle", erklärte der Wetterdienst weiter.
In Lippstadt meldete die Feuerwehr schwere Schäden im gesamten Stadtgebiet. Ein Sprecher berichtete am Abend von "abgedeckten Dächern, kaputten Schaufenstern und vielen umgestürzten Bäumen in der ganzen Stadt". Verletzte seien aber "aktuell nicht bekannt".
Auch in Rheinland-Pfalz wütete das Sturmtief. Laut der Polizei in Koblenz erlitt ein 38-Jähriger am Freitagabend in Wittgert im Westerwald einen Stromschlag im Keller von Bekannten, der nach einem schweren Gewitter unter Wasser stand. Der Mann sei nach dem Stromschlag hingefallen und dabei vermutlich mit dem Kopf aufgeschlagen. Wiederbelebungsversuche blieben laut Polizei erfolglos.
In Andernach und Neuwied kam es laut Polizei zu "extremem" Hagel mit Hagelkörnern mit einem Durchmesser von rund fünf Zentimetern. Mehrere Dutzend Autos seien erheblich beschädigt worden. Teilweise seien Scheiben fahrender Autos zertrümmert worden, teilte die Polizei weiter mit.
Wegen umgefallener Bäume waren in der Region Koblenz mehrere Straßen über Stunden gesperrt. Mehrere Autos blieben zudem in überschwemmten Unterführungen liegen.
Im mittelfränkischen Landkreis Roth stürzte eine Holzhütte ein, in der einige Menschen offenbar vor dem Unwetter Schutz gesucht hatten. 14 Menschen wurden verletzt, die meisten leicht, wie das Polizeipräsidium Mittelfranken mitteilte. Ein Kind sowie eine 37-jährige Frau mussten aber schwer verletzt vom Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden. Die Einsturzursache der Hütte in Enderndorf am See wurde noch untersucht.
Der Deutsche Wetterdienst hob am Samstag mit Blick auf den Starkregen hervor, dass örtlich zwar größere Regenmengen in kurzer Zeit gefallen seien. Aufgrund der "recht schnellen Verlagerung" des Tiefs beziehungsweise der Gewitter hätten sich die in den Wolken sehr großen Wassermassen dieses Mal "aber nicht über längere Zeit an einem Ort" ausgeregnet. Im Juli vergangenen Jahres war dies ein Grund für die verheerenden Überschwemmungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gewesen.
In der Nacht zum Samstag hatte der DWD um 01.37 Uhr alle Unwetterwarnungen für Deutschland aufgehoben.
(O.Joost--BBZ)