Suu Kyi in Myanmar wegen Korruptionsvorwürfen zu fünf Jahren Haft verurteilt
Nach Urteilen wegen anderer Vorwürfe ist Myanmars entmachtete De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi erstmals wegen Korruptionsvorwürfen zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Ein Gericht in der Hauptstadt Naypyidaw verhängte am Mittwoch weitere fünf Jahre Haft gegen die 76-Jährige, wie eine mit dem Fall vertraute Quelle sagte. "Sie bleibt unter Hausarrest", sagte Junta-Sprecher Zaw Min Tun der Nachrichtenagentur AFP. Ob ihre Anwälte Berufung eingelegt haben, wisse er nicht.
Suu Kyi wurde beschuldigt, Bestechungsgelder in Höhe von 600.000 Dollar (565.000 Euro) in bar und mehr als elf Kilogramm Gold vom ehemaligen Regierungschef von Yangon, Phyo Min Thein, angenommen zu haben. Phyo Min Thein sagte vor Gericht aus, er habe Suu Kyi das Geld und das Gold im Gegenzug für ihre Unterstützung bezahlt. Die 76-Jährige bestritt die Vorwürfe. Journalisten sind von dem Verfahren ausgeschlossen, die Anwälte dürfen nicht mit der Presse sprechen.
Suu Kyis Regierung war im Februar vergangenen Jahres durch einen Militärputsch abgesetzt worden. Sie selbst steht seitdem unter Hausarrest. Wegen der angeblichen illegalen Einfuhr von Funkgeräten, Verstößen gegen die Corona-Regeln und Aufwiegelung gegen das Militär wurde sie bereits zu insgesamt sechs Jahren Haft verurteilt.
Nun stand sie erstmals wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht. Insgesamt sieht sich die frühere Regierungschefin mit einem dutzend Korruptionsklagen konfrontiert. Zusammen mit weiteren Anklagen wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses und Wahlbetrugs drohen ihr insgesamt mehr als 100 Jahre Haft.
"Die Tage, in denen Aung San Suu Kyi eine freie Frau war, sind praktisch vorbei", sagte Phil Robertson, stellvertretender Asien-Direktor von Human Rights Watch, der Nachrichtenagentur AFP. Die Zerstörung der Demokratie in Myanmar bedeute auch, Suu Kyi "loszuwerden", fügte er hinzu. "Und die Junta überlässt nichts dem Zufall."
Suu Kyi steht seit mehr als 30 Jahren für die Hoffnung der Myanmarer auf Demokratie. In dem südostasiatischen Land ist sie nach wie vor sehr beliebt, international hat ihr Image wegen ihres Umgangs mit der muslimischen Minderheit der Rohingya gelitten. Seit ihrer Festnahme ist sie völlig aus der Öffentlichkeit verschwunden und wird an einem unbekannten Ort in der Hauptstadt festgehalten.
Zur Wahl, die die Junta für nächstes Jahr angekündigt hat, wird sie wegen ihrer Haftstrafen voraussichtlich nicht antreten können. Die Militärjunta nutze die Prozesse, um Suu Kyi "politisch bedeutungslos" zu machen, sagte der unabhängige Myanmar-Experte David Mathieson. "Dies ist schlicht und ergreifend politisch motiviert."
Seit dem Staatsstreich wurden auch viele von Suu Kyis politischen Verbündeten festgenommen. Andere sind untergetaucht oder ins Exil geflohen. Nach Angaben von Beobachtern wurden seit dem Putsch in Myanmar mehr als 1700 Menschen getötet und mehr als 13.000 weitere festgenommen.
Einige abgesetzte Abgeordnete von Suu Kyis Partei NLD haben eine Schattenregierung, die Nationale Einheitsregierung (NUG), gebildet. Die NUG ist jedoch international nicht anerkannt.
Im ganzen Land haben sich zudem Milizen der bewaffneten Widerstandsorganisation Streitkräfte des Volkes (PDF) gegründet, um die Junta zu bekämpfen. Beobachtern zufolge wurde das schwer bewaffnete, gut ausgebildete Militär von der Schlagkraft der Milizen überrascht und hat in einigen Regionen Mühe, die Kontrolle zu behalten.
(L.Kaufmann--BBZ)