Mindestens sechs Tote bei Anschlag auf Jungen-Schule in Afghanistans Hauptstadt
Bei einem Anschlag auf eine Schule für Jungen in Kabul sind mindestens sechs Menschen getötet worden. 24 weitere Menschen wurden nach Angaben von Krankenhäusern und der Polizei bei dem Anschlag am Dienstag verletzt. Die Schule befindet sich in einem Viertel der afghanischen Hauptstadt, in dem mehrheitlich Mitglieder der schiitischen Minderheit der Hasara leben. Die Hasara sind immer wieder Zielscheibe des örtlichen Ablegers der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).
Die Explosionen seien durch improvisierte Sprengsätze ausgelöst worden, erklärte die Polizei. Die erste Detonation ereignete sich, als die Schüler aus dem morgendlichen Unterricht in der Schule kamen, wie ein Zeuge der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der zweite Sprengsatz explodierte, als die Rettungskräfte eintrafen.
In Online-Netzwerken wurden Bilder von Todesopfern verbreitet, die am Tor der Schule lagen. Auf Bildern in sozialen Medien waren Blutlachen, verbrannte Bücher und Schultaschen zu sehen, die auf dem Gelände der Schule verstreut waren. Taliban-Kämpfer sperrten das Gelände ab. Bei der genannten Opferbilanz handele sich um vorläufige Zahlen, sagte Polizeisprecher Chalid Sadran.
Laut Sadran wurde ein englisches Sprachzentrum in der gleichen Gegend mit einer Granate angegriffen. Dort sei ein Mensch verletzt worden.
"Einige unserer Freunde haben ihre Hände verloren, andere waren blutüberströmt", berichtete der Schüler Said Rahmatullah. Überall seien Glasscherben und Blutlachen gewesen. "Mein ganzer Körper zitterte", sagt der Schüler.
Seit der Machtübernahme der Taliban im August hat die Zahl der Anschläge in dem Land deutlich abgenommen. Allerdings bekannte sich der IS seither zu mehreren Angriffen, auch auf die Hasara.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte am Dienstag die "verwerflichen Angriffe" auf die Hasara-Gemeinschaft. "Dies zeigt auch, dass es den Taliban als De-facto-Regierenden nicht gelingt, Zivilisten vor Gewalt zu schützen, insbesondere jene von ethnischen und religiösen Minderheiten", erklärte Amnesty-Expertin Samira Hamidi.
Der EU-Sondergesandte für Afghanistan, Tomas Niklasson, forderte, die Verantwortlichen für die "abscheulichen" Angriffe müssten zur Rechenschaft gezogen werden. UN-Generalsekretär António Guterres betonte, Angriffe gegen Zivilisten seien "unter dem humanitären Völkerrecht strikt verboten".
Die Hasara stellen rund zehn bis 20 Prozent der Bevölkerung von 38 Millionen Afghanen. Seit die Taliban die Macht ergriffen, haben sie wiederholt mutmaßliche Stützpunkte des IS in der östlichen Provinz Nangarhar angegriffen.
Der IS hatte einige der blutigsten Anschläge in Afghanistan in den vergangenen Jahren für sich reklamiert. Im Oktober 2020 bekannte sich die Miliz zu einem Selbstmordanschlag auf ein Bildungszentrum, bei dem 24 Menschen getötet wurden, darunter Studenten.
Im Mai 2020 wurde der IS für einen Anschlag auf eine Geburtsstation in einem Krankenhaus verantwortlich gemacht, bei dem 25 Menschen getötet wurden, darunter junge Mütter.
(P.Werner--BBZ)