Kroatien fordert nach Absturz von Drohne in Zagreb bessere Koordination in der Nato
Nach dem Absturz einer offenbar von ukrainischem Gebiet aus gestarteten Militärdrohne in Zagreb hat Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenkovic eine bessere Kooperation innerhalb der Nato angemahnt und die Reaktion des Militärbündnisses auf den Vorfall als unzureichend kritisiert. Die Aufklärungsdrohne sei durch den Luftraum zweier Nato-Mitgliedstaaten geflogen, bevor sie nahe einem Wohngebiet in Zagreb abgestürzt sei, beklagte Plenkovic am Samstag. Dies sei "nicht hinnehmbar".
Er habe wegen des Vorfalls Briefe an seine EU-Kollegen und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg geschickt, sagte Plenkociv beim Besuch der Absturzstelle in Zagreb. "Wir können eine solche Situation nicht mehr tolerieren." Bei der Drohne vom Typ Tupolew Tu-141 habe es sich um eine "sehr klare Bedrohung" gehandelt, "auf die es eine Reaktion geben muss".
Die 14 Meter lange und mehr als sechs Tonnen schwere Drohne aus sowjetischer Produktion war am späten Donnerstagabend rund sechs Kilometer vom Zagreber Stadtzentrum und nur 200 Meter von einem Wohngebiet entfernt in einen Park gestürzt. Etwa 40 in der Nähe geparkte Autos wurden beschädigt, Verletzte gab es nicht. Die Drohne muss noch aus dem Krater geborgen werden, den sie bei dem Absturz hinterließ.
Der Absturz ereignete sich in unmittelbarer Nähe eines Wohngebietes sowie einer Studenten-Wohnanlage, in der etwa 4500 Menschen leben. Kroatiens Generalstabschef Robert Hranj sprach von einem "ziemlich ernsten" Vorfall.
Der Zwischenfall nährt Ängste, dass der russische Angriffskrieg in der Ukraine sich auf weitere Staaten ausweiten könnte. Plenkovic sagte am Samstag, es sei unklar, "in wessen Besitz" die Drohne gewesen sei. Offen sei auch, ob der Flug in Richtung des Nato-Luftraums "ein Unfall, ein Fehler oder Absicht war". Sowohl die Ukraine als auch Russland hätten bestritten, die Drohne gestartet zu haben.
Der kroatische Ministerpräsident kritisierte, dass die Drohne unbehelligt durch die Lufträume Rumäniens und Ungarns geflogen sei, bevor sie in den kroatischen Luftraum eindrang. Kroatien, Rumänien und Ungarn sind allesamt Nato-Mitglieder. Nach Angaben der kroatischen Behörden befand sich die Drohne rund 40 Minuten lang im ungarischen Luftraum, ohne dass Kroatien alarmiert wurde.
Kroatische Sicherheitsexperten hatten bereits am Freitag ein Versagen der Nato angeprangert Präsident Zoran Milanovic forderte eine Untersuchung dazu, warum die Drohne "fast eine Stunde lang über Nato-Gebiet fliegen konnte, ohne dass es jemand bemerkt hat". Dies sei aber "nicht nur eine Sache Ungarns, es ist eine Sache des gemeinsamen Nato-Führungskommandos".
Nach Angaben des kroatischen Generalstabschefs Hranj ist eine "intensive Untersuchung" zu den Hintergründen des Vorfalls im Gange. Dazu stehe das kroatische Militär auch in "engem Kontakt mit Nato-Kommandeuren".
Ein Nato-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP am Freitag, die integrierte Luftverteidigung der Nato habe "die Flugbahn eines Objekts verfolgt, das schließlich in Zagreb abstürzte". Von der kroatischen Hauptstadt aus bis zur ukrainischen Grenze sind es Luftlinie mindestens 550 Kilometer.
Drohnen vom Typ Tupolew Tu-141 wurden in den 70er und 80er Jahren von der Sowjetunion eingesetzt. Die ukrainischen Streitkräfte besitzen dieses Modell.
(O.Joost--BBZ)